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25.02.2013

Die Verpackung wird "intelligent"

(Von Christian Raaflaub) Verpackungen sollen in Zukunft viel mehr als nur Schutz und Werbefläche für ein Produkt sein. Dabei kommt der Nanotechnologie eine gewichtige Rolle zu. Die Auswirkungen sind derzeit aber noch kaum erforscht. Ein Gespräch mit Christoph Meili.

swissinfo.ch: Sie glauben, die Zukunft der Verpackungen gehört der Nanotechnologie. Welche Eigenschaften bringen diese mit?

Christoph Meili: Die Nanotechnologie ist eigentlich eine "Verbesserungs-Technologie". Bestimmte Eigenschaften, die im Moment sehr gefragt sind, können mit Nano-Materialien in die Verpackung hineingebracht werden.

Ich denke hier vor allem an die Haltbarkeit von Lebensmitteln, die zunehmen wird. Die Informationsdichte und -qualität wird ansteigen, das heisst, der Konsument wird durch bestimmte Features an der Verpackung erkennen können, wie der Zustand des Produktes ist, ob das Lebensmittel noch geniessbar ist, ob es Sauerstoff in der Verpackung hat und vieles mehr.

Hoffentlich wird auch eine Ressourcenschonung damit einhergehen, dass man bessere Verpackungen entwickelt, die zum Beispiel abbaubar sind.

swissinfo.ch: Gibt es intelligente Alternativen zur Verpackung, so dass diese praktisch nicht mehr nötig wäre?

C.M.: Mit Hilfe der Nanotechnologie sollte die Menge der weggeworfenen Lebensmittel reduziert werden können.

Rund ein Drittel der gekauften Lebensmittel werden weggeworfen, weil Konsumentinnen und Konsumenten das Gefühl haben, das Lebensmittel sei nicht mehr gut. Oder weil die Haltbarkeitsdaten vermeintlich überschritten werden.

In der Schweiz sind das jährlich 2 Millionen Tonnen, weltweit 1,3 Milliarden Tonnen. Das ist eine enorme Verschwendung.

swissinfo.ch: Das soll mit "intelligenten" Verpackungen verbessert werden. Wie funktionieren diese?

C.M.: Intelligente Verpackungen reagieren auf die Umstände und registrieren beispielweise, wenn sich die Gaszusammensetzung im Produkt verändert, wenn CO2 oder Stickstoff austritt und somit die Schutzatmosphäre verlorengeht.

Das zweite sind sich selber schützende Verpackungen, beispielsweise gegen Sauerstoff. Dann gibt es Indikatoren gegen Feuchtigkeit oder für bakterielle und mikrobielle Abbauprodukte, die anzeigen, wenn das Produkt nicht mehr einwandfrei ist. Nanosilber, Titandioxid oder Zinkoxyd verlangsamen das Wachstum von Bakterien am Produkt – und verlängern so dessen Haltbarkeit und Frische.

swissinfo.ch: Wie muss man sich diese Verpackungen als Konsument vorstellen? Sieht man den Unterschied in der Verpackung?

C.M.: Das wird man merken, weil der Nutzen für den Konsumenten sicht- und erlebbar sein muss.

swissinfo.ch: Sind solche Ideen reine Spielereien der Wissenschaftler oder bringen sie auch in der Praxis etwas?

C.M.: Die bringen schon etwas. Zum Beispiel bei der Bierflasche mit in der Kunststoffschicht eingelagerten "Nanoclays", die den Gasaustritt und den Sauerstoffeintritt verlangsamen. Damit werden Produkte sehr viel länger haltbar.

Für den Produzenten ist das sehr interessant, weil damit die Kosten sinken: Einerseits müssen weniger Produkte zurückgenommen werden, andererseits halten die Produkte beim Konsumenten auch länger.

swissinfo.ch: Wie sieht die Verpackung der Zukunft aus? Wird jedes Produkt einen Chip mit abrufbaren Informationen in der Verpackung haben?

C.M.: Die Identifizierung durch ein Lesegerät mit Hilfe elektromagnetischer Wellen (RFID) ist sicher ein Thema. Das ist praktisch für den Detailhändler. Es gibt hier verschiedenste Möglichkeiten. Man kennt solche Tags ja auch schon.

Das Problem ist noch der Preis: Verpackungen müssen sehr günstig sein. Deshalb ist RFID gegenwärtig nur bei höherpreisigen Produkten oder bei grossen Mengen im Einsatz. So kann ein Produkt auch zurückverfolgt werden. Und der Markenschutz wird einfacher.

swissinfo.ch: Sie sind nicht nur Biotechnologe und Molekularbiologe, sondern auch Risikoforscher. Können diese Nanoteilchen, die Sie in Zukunft in Verpackungen sehen, nicht auch zu einer Gefahr für den menschlichen Körper werden?

C.M.: Die Frage, die man sich stellen muss, ist: Können diese Nano-Materialien aus der Verpackung rauskommen? Wenn ja, wohin gehen sie dann? Gehen sie in Lebensmittel, kommen sie in die Umwelt? Oder gelangen sie in einer anderen Form in den biologischen Kreislauf?

Bei aktiven Verpackungen, wo ein wesentlicher Teil darin besteht, dass diese aktiven Elemente rauskommen und interagieren mit dem Lebensmittel, muss man sich fragen, was geschieht. Hier sind die Fragen der Migration, des Wanderns niedermolekularer Stoffe, ein Thema. Es dürfen keine gesundheitsschädlichen Stoffe ins Produkt wandern. Das ist schwierig: Wo soll der Grenzwert angesetzt werden, was ist noch unschädlich, was problematisch?

Schliesslich gibt es neben der Atmung auch die Möglichkeit, dass die Nano-Partikel über die Verdauung aufgenommen werden. Dort besteht schon noch einiges an Forschungsbedarf. Das muss man klar sagen.

Quelle: Christian Raaflaub, swissinfo.ch

Der vollständige Artikel kann hier abgerufen werden.

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