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01.04.2009

Experten erwarten neue Gesundheitsrisiken duch Nanopartikel am Arbeitsplatz

Der Kontakt mit einer Vielzahl von Chemikalien und anderen Gefahrstoffen bei der Arbeit beeinträchtigt die Gesundheit von Erwerbstätigen in ganz Europa. Im Zusammenhang mit der Nanotechnologie stehende Gefährdungen erregen bei Experten aus 21 Ländern besondere Besorgnis. Ein Bericht der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) – auch Expertenbefragung zu neu auftretenden chemischen Risiken genannt – ermittelt die Hauptgruppen der Stoffe, die neue und zunehmende Gefährdungen für Erwerbstätige darstellen. Nanopartikel stehen ganz oben auf der Liste.

„Schätzungen zufolge ereignen sich jedes Jahr 74 000 arbeitsbedingte Todesfälle, die im Zusammenhang mit am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffen stehen. Dies bedeutet, dass Todesfälle aufgrund von Gefahrstoffen zehnmal häufiger sind als Arbeitsunfälle mit Todesfolge. Viele Unternehmen schenken der Vermeidung oder Ersetzung von Gefahrstoffen nicht genügend Beachtung. Besonders in KMU und Subunternehmen werden chemische Risiken kaum berücksichtigt“, bedauert Jukka Takala, Direktor der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz.

Etwa 15 % der europäischen Erwerbstätigen geben an, dass sie ein Viertel ihrer Gesamtarbeitszeit mit chemischen Produkten in Kontakt stehen, während 10 % an ihrem Arbeitsplatz Dämpfe und 19 % Staub, Abgase und Rauch einatmen müssen.

Die Expertenbefragung zu neu auftretenden chemischen Risiken, die von 49 Experten aus ganz Europa ins Leben gerufen wurde, stellt Nanopartikel an die Spitze der Liste von Stoffen, vor denen Arbeitnehmer geschützt werden müssen. Die Nanotechnologie wird zum Beispiel in der Kosmetik und bei der Herstellung von IT-Produkten eingesetzt und wird sich Prognosen zufolge rasch zu einer globalen, milliardenschweren Industrie entwickeln. Während noch genauer erforscht werden muss, in welchem Maße Nanopartikel die menschliche Gesundheit schädigen, liegen bereits genügend Informationen für die Entwicklung einstweiliger Arbeitspraktiken vor, durch die der Kontakt mit Nanopartikeln reduziert wird.

Die Risiken durch Nanopartikel und ultrafeine Partikel werden von den Experten bei weitem am stärksten erwartet. Anwendungen der Nanotechnologie betreffen hauptsächlich

  • Informations- und Kommunikationstechnologien;
  • Umwelt- und Energietechnologien;
  • Transport, Luftfahrt und Raumfahrt;
  • Landwirtschaft und Ernährung;
  • Medizinische Anwendungen;
  • Kosmetika;
  • Militärische Technologien.

Obwohl nach Einschätzung des Berichts quantitative Daten für eine ausreichende Risikobewertung noch fehlen liegen inzwischen genügend Informationen für erste Abklärungen,  Abschätzungen und die Entwicklung von Arbeitsanweisungen zur Reduktion der Exposition vor. Bekanntermassen tragen die Herstellung und die Wartung / Reinigung von Geräten bei der Produktion von Nanopartikeln zur Exposition bei. Künftige Forschung sollte sich auch darauf konzentrieren, den gesamten Lebenszyklus eines bestimmten Nanomaterials abzudecken und alle möglichen Expositionssituationen zu identifizieren. Gleichzeitig sollte die Forschung zu einer verantwortungsvollen Entwicklung der Nanotechnologie beitragen, was auch Gesundheits- und Sicherheitsaspekte umfasst.

Expositionen gegenüber mehreren Chemikalien gleichzeitig sind keine Ausnahme, sondern eher an der Tagesordnung, und bei der Beurteilung der durch die einzelnen Stoffe hervorgerufenen Gefährdungen werden die wahren Dimensionen des Problems immer noch unterschätzt. Heute gibt die mehrfache Exposition gegenüber Gefahrstoffen immer stärker Anlass zur Sorge. Dies wurde auch in der Expertenbefragung der EU-OSHA deutlich, in der Sachverständige die neu auftretenden biologischen, physischen und psychosozialen Risiken einschätzten. Ein umfangreichere Studie wird dieses Jahr in die Wege geleitet und soll sich auf die Gefährdungen am Arbeitsplatz konzentrieren, die sich im Laufe der nächsten zehn Jahre durch neue Technologien ergeben.

Die EU-OSHA hat ein Seminar organisiert, in dem die Ergebnisse der Befragung mit den politischen Entscheidungsträgern der EU, den Sozialpartnern sowie den Sachverständigen für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz erörtert wurden. Die im Workshop erzielten Ergebnisse werden in die breite Informationspalette der EU-OSHA aufgenommen, die Arbeitgebern, Sachverständigen für Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie Arbeitnehmern und ihren Vertretern eine Übersicht über gute praktische Lösungen bietet.


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Gefahrstoffe auf einen Blick



Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wurde von der Europäischen Union gegründet, um einen Beitrag zur Deckung des Informationsbedarfs im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit zu leisten. Das Ziel der Agentur mit Sitz in Bilbao, Spanien, besteht darin, die Lebenssituation der Menschen bei der Arbeit zu verbessern, indem sie den Fluss technischer, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Informationen zwischen denjenigen anregt, die von Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit betroffen sind.

Quelle: European Agency for Safety and Health at Work (geändert)