Risikostoffe im Wasser: Neuerdings auch Nanopartikel
Chemikalien und neuerdings auch Nanopartikel aus Textilien, Medikamenten, Kosmetika oder Baumaterialien landen irgendwann unweigerlich im Wasser. Über 350 Fachleute aus Wissenschaft, Wasserwirtschaft, Verwaltung und Politik informierten sich am Dienstag, 23. Juni, an der Eawag über die neuesten Forschungsergebnisse im Bereich der vom Menschen in die Umwelt gebrachten Spurenstoffe. Das Thema des Eintrags von synthetischen Nanopartikeln in die Umwelt wurde eingehend am Beispiel von Fassadenabwässern diskutiert.
Immer mehr Substanzen und neu auch Nanopartikel
Täglich werden rund 11'000 chemische Substanzen neu registriert. Chemikalien sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken: Industriechemikalien, Pestizide und Biozide, Arzneimittel, Putzmittel, Brandschutz in Möbeln und Kunststoffen – die Liste lässt sich beliebig erweitern. Fast alle diese Stoffe gelangen über kurz oder lang, wenn auch teils in sehr geringen Konzentrationen, in die Gewässer.
Das gilt nicht nur für lösliche Substanzen, sondern auch für Nanopartikel, die in einem rasant wachsenden Markt bereits in über 800 Produkten zu finden sind. So hat die Eawag nachgewiesen, dass Titandioxidnanopartikel, die als Weisspigment in Fassadenfarben enthalten sind, via Regenwasser in die Gewässer ausgewaschen werden. Diese Pigmente sind zwar ökotoxikologisch kaum bedenklich, doch ein gemeinsames Projekt von Eawag und Empa hat gezeigt, dass beispielsweise Silbernanopartikel von Fassaden in die Gewässer gelangen. Dort können sie unerwünscht dieselbe antimikrobielle Wirkung entfalten wie in der Fassade: Sie zerstören Algen- und Pilze.
Synthetische Nanopartikel und ihre Wirkung
An der Tagung hat Dr. Renata Behra, Biochemikerin und Leiterin einer Gruppe in der Abteilung Umwelttoxikologie, das Thema der synthetischen Nanopartikel näher beleuchtet. Laut der Forscherin ist es nur wahrscheinlich, dass Nanopartikel früher oder später auch in der Umwelt landen. Studien der Eawag wiesen dies nun erstmals nach und zeigen darüber hinaus, auf welche Weise sich synthetische Nanopartikel negativ auf Gewässerorganismen auswirken können.
In den aktuellen EAWAG-News Nummer 67 beschreibt Behra die Ergebnisse erster Studien zur Auswaschung von Weisspigmenten auf der Basis von nanopartikulärem Titandioxid aus Fassaden. Derartige Partikel wurden auch im Fassadenabwasser wiedergefunden. Laut der Forscherin sind Weisspigmente zwar aus (öko-)toxikologischer Sicht eher als unbedenklich einzustufen, eignen sich aber sehr gut als Modellsubstanz, um den Transport von Nanopartikeln aus urbanen Gebieten bis in die Gewässer zu beurteilen. Es sei davon auszugehen, dass sich andere Nanopartikel analog zu den TiO2-Partikeln verhalten werden.
Ein vom ökotoxikologischen Standpunkt her weit kritischer Fall sind synthetische Silbernanopartikel, welche als biozide Komponente ebenfalls in Fassadenanstrichen eingesetzt werden können. Im Rahmen von Untersuchungen hat die Gruppe nachweisen können, dass auch Silbernanopartikel in Grössen zwischen 5 –10 nm tatsächlich aus der Fassade herausgewaschen werden.
Als Schlussfolgerungen rät die Umwelttoxikologin, dass das ökotoxikologische Risiko von synthetischen Nanopartikeln nicht unterschätzt werden darf, und dass sich die Produzenten einer vernünftigen Anwendung von Nanopartikeln verschreiben sollten. Darüber hinaus wäre es wichtig, die Konsumenten aufzuklären: zum einen durch konsequente Deklaration der Inhaltsstoffe – heute sind die Zusammensetzungen oft unklar – und durch gezielte Angaben zur Handhabung der Produkte sowie zum anderen durch gezielte Informationen der Verbraucherverbände zu möglichen Gesundheits- oder Umweltrisiken. Vordringliches Ziel sei es, die Verteilung der Nanopartikel in der Umwelt zu vermeiden.
Quelle: Eawag