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14.03.2013

Studie empfiehlt Risikobewertung bei Nanomaterialien am Arbeitsplatz

Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat kürzlich die Studie „Nanomaterialien am Arbeitsplatz – Exposition, gesundheitliche Risiken und Präventionsmassnahmen“ veröffentlicht. Trotz der raschen Entwicklung der Nanotechnologien ist noch wenig über das gesundheitliche Risiko für Mensch und Umwelt bekannt. Die Studie identifiziert vor allem Arbeitnehmende als potentielle Risikogruppe und empfiehlt Risikobewertung und Präventionsmassnahmen am Arbeitsplatz.

Die Nanotechnologie besitzt das Potential zur Veränderung ganzer Technikfelder und gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Bereits heute ist eine Vielzahl von Produkten auf Basis synthetischer Nanomaterialien auf dem Markt. Automobilindustrie, chemische Industrie und Kommunikationstechnik nutzen Nanomaterialien für die Herstellung von Katalysatoren, Oberflächenbeschichtungen oder organischen Leuchtdioden. In der Medizin werden neue Formulierungen von pharmazeutischen Wirkstoffen entwickelt, die zu verbesserten Therapiemethoden führen.

Trotz dieser raschen Entwicklung ist noch wenig über das gesundheitliche Risiko für Mensch und Umwelt durch Nanomaterialien bekannt. Vor allem Arbeitnehmer stellen eine potenzielle Risikogruppe dar, da die Belastungssituation am Arbeitsplatz größer ist als in der Anwendung der Produkte und die Exposition im Allgemeinen über einen längeren Zeitraum stattfindet. Die verfügbaren toxikologischen Daten deuten schon jetzt auf ein sehr heterogenes Gefährdungspotential, das schwer prognostizierbar ist.

Nanomaterialien werden inhalativ, dermal und oral resorbiert, wobei der grösste Teil über die Atmung aufgenommen wird. Tierexperimentelle Studien zeigen, dass die Inhalation von Nanomaterialien, vor allem von Kohlenstoffnanoröhren (CNTs), Entzündungsprozesse im Lungengewebe induziert und mit der Entstehung von Granulomen, Lungenfibrose und Lungenkrebs assoziiert ist. Inhalierte sNP können nach Ablagerung im Lungengewebe in den Blutstrom einwandern und sind damit im gesamten Körper systemisch verfügbar. Hauptverteilungsorgan ist die Leber, die Nanomaterialien über die Kupffer-Zellen aufnimmt, gefolgt von Niere und Milz. Eine Anreicherung in diesen zentralen Organen für Metabolismus, Ausscheidung und Immunabwehr kann dort die Zellhomöostase empfindlich stören und adverse Folgereaktionen auslösen (DNA-Schaden, Zelltod). Alternativ werden Nanomaterialien auch über sensorische Nervenenden der respiratorischen Schleimhaut aufgenommen und zu Gehirn und ZNS weitergeleitet.

Toxikologisch bedeutsam sind damit Langzeitexpositionen gegenüber geringer Mengen biopersistenter Nanomaterialien, die sich im Gehirn anreichern und pathobiologische Prozesse auslösen oder aggravieren können. Nach Übertritt in den Blutstrom können Nanomaterialien auch mit Thrombozyten interagieren und auf diese Weise die Blutgerinnung und Thrombusbildung steigern. Darüber hinaus besitzen sie das Potential, durch Induktion von oxidativem Stress die Gefässreaktivität der Herzarteriolen zu beeinträchtigen. Solche Störungen werden schon seit längerem mit myokardialer Ischämie und Myokardinfarkt assoziiert. Bezieht man Erkenntnisse aus epidemiologischen Umweltstudien in die Bewertung mit ein, sind die am wahrscheinlichsten auftretenden Gesundheitseffekte bei beruflicher Exposition gegenüber Nanomaterialien chronische Erkrankungen an Herz und Lunge.

Auf Grundlage der überwiegend tierexperimentellen Ergebnisse lassen sich allerdings derzeit keine generellen Schlussfolgerungen zur Aufnahme, Verteilung und Toxizität von synthetischen Nanomaterialien im Menschen ableiten. Auch wenn oftmals für eine Materialform Daten zur Verfügung stehen, besitzen diese nicht zwangsläufig auch für andere Nanoobjekte Gültigkeit, da das toxikokinetische Verhalten stark von den physikochemischen Parametern des Partikels bestimmt wird. Die derzeitige Datenlage lässt zwar eine abschliessende Risikobewertung von Nanomaterialien im betrieblichen Umfeld noch nicht zu. Dennoch fasst die Studie wichtige Erkenntnisse zur kritischen Expositionen, gesundheitlichen Gefährdung und geeigneten Schutzmassnahmen zusammen.

Quelle: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

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