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01.09.2017

Nano für die Schule

Die Nanotechnologie spielt sich im Unsichtbaren ab. Mit für die Schule konzipierten Versuchen aus einem Koffer werden diese Nano-Effekte sichtbar.

Zu sehen ist dieses Geflecht nicht – auch nicht mit einem Mikroskop. Es soll an eine uralte japanische Korbflechtkunst erinnern, schreiben die Forscher der ETH Zürich. Dabei handelt es sich um ein Nanogewebe aus Molekülfäden. Dieses Kagome-Muster aus der Nanotechnologie kann für neuartige Katalysatoren oder Sensoren verwendet werden. Weil das Gewebe organisch ist, funktioniert das Weben der Fäden zum Nanogewebe praktisch von alleine, wie die ETH-Forscher

schreiben. Diese Flechtkunst im Nanoformat ist beeindruckend und zeigt, dass die Entwicklung der Nanotechnologie in voller Fahrt ist, auch wenn sie medial kein so grosses Thema mehr ist. Das bestätigt auch Christoph Meili von der Innovationsgesellschaft, ein Technologie-Beratungsunternehmen mit Sitz an der Empa St.Gallen. «In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Nanotechnologie heute weniger ein Thema als auch schon, weil inzwischen klar ist, wo die Probleme liegen», sagt Meili.

Das Unsichtbare sichtbar machen

An den Chancen und Risiken werde geforscht. Zu reden gibt zum Beispiel das Einatmen von Nanoröhrchen. Die Auswirkungen von Kohlenstoffnanoröhrchen (CNT) in der Lunge werden genau untersucht, um die Risiken der Anwendung abschätzen zu können. «Oft wird aber heute auf Produkten nicht mehr erwähnt, dass die Nanotechnologie im Spiel ist», sagt Meili. Nur bei Kosmetika und Sonnencremes wird darauf hingewiesen. Die Entspannung heisst allerdings nicht, dass alle Fragen rund um die Nanotechnologie gelöst sind. Das Unsichtbare und dessen Wirkung müssen deshalb

auch Thema in der Schule sein. Die Innovationsgesellschaft hat vor fünf Jahren einen Nanokoffer für den Unterricht entwickelt, im Auftrag der Simply-Science-Stiftung. Dieser Koffer wurde an rund Tausend Schulen in der Schweiz sowie nach Deutschland und England ausgeliefert. Der Wunsch nach mehr Nano-Experimenten für das Schulzimmer sei ihm von vielen Lehrern zugetragen worden, sagt Meili.

 

32 Experimente aus der Nanotechnologie

So hat die Innovationsgesellschaft nun einen zweiten Nanokoffer für Sekundarschulen, Berufsschulen und Gymnasien entwickelt. Er enthält 32 Experimente zu zehn verschiedenen Themen aus den Bereichen Nano-Bionik, Nano-Produkte und Nanomaterialien. Interessant ist zum Beispiel der Salvinia-Effekt. Im Koffer befinden sich Schwimmfarne (Salvinia) und eine Lupe, mit der sich die Pflanze genau ansehen lässt. Dann erkennt man eine Art Schwingbesen auf dem Blatt. Eine Luftschicht auf der Oberfläche wird dadurch stabilisiert, so dass diese wasserabstossend wirkt. In der Industrie braucht man diesen Effekt für Schiffsbeschichtungen. Anschaulich gezeigt werden der Gecko-Effekt oder der Flip-Flop-Effekt, welcher wie bei einem Pfau einen schnellen Farbenwechsel möglich macht. Industriell wird dieser Effekt derLichtbrechung im Nanometerbereich für Sprays verwendet und auch, um fälschungssichere Banknoten herzustellen. Mit dem Koffer ist es auch möglich, selbst Nanosilber herzustellen. Nanosilber hat eine antibakterielle Wirkung und wird deshalb in Anti-Stink-Socken verwendet. Für Schüler besonders beeindruckend ist wohl der Nachweis, dass Metall ein Gedächtnis hat. Eine Nickel- und Titanlegierung kann sich erinnern, bei welcher Temperatur sie hergestellt wurde. Erhitzt man diesen Draht, nimmt er in Sekunden wieder die ursprüngliche Form ein. Solches Memory-Metall wird unter anderem für Stents bei Herzoperationen eingesetzt. Der spannenden Experimente sind somit viele in diesem Nanokoffer, der als eines der ersten Lehrmittel auf den neuen Lehrplan 21 abgestimmt ist. Zur Zeit werden in Kursen an verschiedenen Pädagogischen Hochschulen und Schulen in der Schweiz Lehrerinnen und Lehrer instruiert, damit sie den Koffer als spielerischen Einstieg in die Nanowelt nutzen können.

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Quelle: St. Galler Tagblatt, Author: Bruno Knellwolf