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30.11.2011

10 Jahre Forschung zu Risikobewertung von Nanomaterialien

In den vergangenen zehn Jahren wurden zahlreiche Projekte zu Risiken von Nanomaterialien durchgeführt bzw. begonnen. Sie beschäftigten sich damit, wie Nanomaterialien ohne Gefährdung von Umwelt und Gesundheit genutzt werden können. Dennoch bestehen noch etliche, teils erhebliche Wissenslücken. So lautet das Fazit zweier Berichte, die kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.

In den vergangenen zehn Jahren wurden zahlreiche Projekte zu Risiken von Nanomaterialien durchgeführt bzw. begonnen. Sie beschäftigten sich damit, wie Nanomaterialien ohne Gefährdung von Umwelt und Gesundheit genutzt werden können. Um weitere, dringend benötigte Studien im Bereich Nano(öko)toxikologie durchzuführen, mangelt es allerdings an ExpertInnen. Zudem bestehen noch etliche, teils erhebliche Wissenslücken. So lautet das Fazit zweier Berichte, die kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurden und an deren Erstellung der Empa-Nanotoxikologe Harald Krug massgeblich beteiligt war.

Hunderte Produkte, die auf nanotechnologischen Verfahren beruhen, sind mittlerweile auf dem Markt, von der Sonnencreme über Farben bis hin zu Kleidern. Begleitet wurde diese Entwicklung von Beginn an von Forschung, die sich mit den Sicherheitsaspekten der Nanoprodukte beschäftigte.

Harald Krug, Toxikologe an der Empa, kommt nach zehn Jahren Nanosicherheitsforschung zum (vorläufigen) Schluss: "Bislang sind keine aussergewöhnlichen Risiken beim Einsatz von Nanoprodukten – oder besser gesagt: bei freien Nanopartikeln – bekannt." Doch auch wenn es keine Hinweise gibt, die auf ernsthafte Probleme mit synthetischen Nanopartikeln hindeuten, sagt er: "Eine allgemeine Entwarnung gibt es allerdings auch nicht." Unternehmen, die ein neues Nanoprodukt vermarkten wollen, sollten dessen gesamten Lebenszyklus berücksichtigen – von der Herstellung über die Nutzung des Produkts bis zu dessen Entsorgung oder Wiederverwertung.

Viel Arbeit für Nano(öko)toxikologInnen

Um mögliche Wechselwirkungen der Nanopartikel mit anderen Materialien und der Umwelt zu verstehen und um zu begreifen, wie sie die Gesundheit beeinflussen, ist breites toxikologisches Fachwissen vonnöten. Ein Thema, das Harald Krug beschäftigt: "Da in Europa in den letzten Jahren viele umwelttoxikologische Institute geschlossen wurden, gibt es inzwischen nicht mehr genügend Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Umwelt- und Nanotoxikologie." In etlichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema würden daher die Regeln der Toxikologie nicht beachtet, meist aus Unkenntnis. Krug: "Und daraus resultieren dann Horrorgeschichten, die für enorme Verunsicherung sorgen."

Sicherer Einsatz von Nanomaterialien

Ein 60-seitiger Bericht (pdf), den die Gesellschaft für chemische Technik und Biotechnologie (DECHEMA) und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) kürzlich herausgegeben haben, zeitigt einen Überblick über die Forschungsprojekte der letzten zehn Jahre zum Thema Nanosicherheit. Es handelt sich um 6 Schweizer, 40 deutsche, 1 US-amerikanisches und 25 EU-weite Projekte. In einem untersucht die Empa zusammen mit dem Kantonsspital St. Gallen beispielsweise, ob Nanopartikel über die Plazenta in den Blutkreislauf des Fötus gelangen können. An Plazenten, die Mütter nach der Geburt der Wissenschaft überlassen, prüften Toxikologen des Departements "Materials meet Life" der Empa, wie durchgängig das Gewebe ist. Tests zeigten, dass Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 200 bis 300 Nanometer in den fötalen Blutkreislauf gelangen können. Es stellt sich die Frage, ob dies das Plazentagewebe schädigen oder gar einen Einfluss auf die Entwicklung des Ungeborenen haben kann. Gleichzeitig wäre der Transport von Nanovehikeln durch die Plazenta denkbar, um eventuell eine gezielte Behandlung des ungeborenen Kindes bereits im Mutterleib zu ermöglichen.

In einem weiteren Bericht (pdf), an dessen Erstellung Krug beteiligt war und der kürzlich in Brüssel vorgestellt wurde, weist der wissenschaftliche Beirat der Vereinigung europäischer Akademien EASAC (European Academies Science Advisory Council) auf die vorhandenen Wissenslücken hin und macht klare Angaben, was in den kommenden Jahren noch erforscht werden muss, um Nanomaterialien direkt und ohne Gefährdung von Umwelt und Gesundheit zu nutzen.

"Ich würde mir wünschen, dass wir – aufgrund dieser Erkenntnisse – in Zukunft wieder vermehrt in die Ausbildung von Umwelttoxikologen investieren. Nur so ist eine verantwortungsvolle Forschung in diesem Bereich möglich und nur so können wir eine nachhaltige Entwicklung unserer Technologien gewährleisten", sagt Krug.

Quelle: Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

Weitere Information

Download "10 Jahre Forschung zu Risikobewertung, Human- und Ökotoxikologie von Nanomaterialien" DECHEMA/VCI (Deutsch, pdf; 886 KB)

Download "Impact of Engineered Nanomaterials on Health" EASAC/JRC (Englisch, pdf; 423 KB)