Nanomaterialien in Lebensmitteln sollen in der EU deklariert werden
Einen Tag nach der Annahme der Änderung der Kosmetik-Verordnung mit speziellen Anforderungen für Produkte mit Nanomaterialien hat das Europäische Parlament am 25.3.2009 in Erster Lesung über die Neureglung der "Novel-Food"-Verordnung abgestimmt. Die Abgeordneten sprechen sich für strengere Bestimmungen bei der Zulassung neuartiger Lebensmittel wie Produkten aus geklontem Fleisch und der Verwendung von Nanotechnologie aus.
Unter den Begriff "Novel-Food" fallen zahlreiche Lebensmittel, die mit neuartigen Methoden hergestellt wurden und derzeit nur marginal oder überhaupt nicht auf dem europäischen Markt vertreten sind. Darunter fallen allerdings auch Nahrungsmittel, die dem europäischen Verbraucher unbekannt sind, wie beispielsweise exotische Speisen aus anderen Ländern.
Diskutiert werden derzeit aber vor allen Produkte aus geklonten Tieren sowie der Einsatz von Nanotechnologie. Da gegenwärtig immer mehr dieser neuen Produkte auf den Markt drängen, deren Langzeitfolgen kaum erforscht sind, fordert das Parlament nun die Kommission auf, bei diesen Produkten, "ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit (...) und gleichzeitig ein hohes Maß an Tiergesundheit und Umweltschutz" zu gewährleisten. Seit 1997 sind über 100 Zulassungen von "Novel-Food" beantragt und mehr als 20 zugelassen worden.
Mehr Sicherheit für die Nanotechnologie
Die Abgeordneten stellen fest, dass für mit Hilfe von Nanotechnologie hergestellte Lebensmittel derzeit keine geeigneten Methoden zur Risikobewertung existieren. Die Abgeordneten wollen Lebensmittel mit Nanomaterialien nicht in die Gemeinschaftsliste aufnehmen, bis entsprechende tierfreundliche und sichere Bewertungsmethoden gefunden wurden.
Die in der Verordnung behandelten "konstruierten Nanomaterialien" werden definiert als "absichtlich hergestellte Materialien mit einer oder mehreren äusseren Abmessungen in einer Grössenordnung von höchstens 100 Nanometern oder mit funktionell getrennten Teilen im Innern oder an der Oberfläche, von denen viele eine oder mehrere äußere Abmessungen in der Größenordnung von höchstens 100 Nanometern haben, einschließlich Strukturen, Agglomerate oder Aggregate, die mehr als 100 Nanometer groß sein können, jedoch für den Nanomaßstab kennzeichnende Eigenschaften haben."
Zu den für den Nanomaßstab kennzeichnenden Eigenschaften gehören Eigenschaften, die mit der grossen spezfischen Oberfläche der betreffenden Materialien zusammenhängen oder in der Nanoform besondere physikalisch-chemische Eigenschaften aufweisen.
Diese Definition unterscheidet sich damit von derjenigen, die in der neuen Kosmetikverordnung genannt wird. In beiden Erlassen behält sich die Behörde jedoch vor, die Definition dem sich ändernden Wissensstand anzupassen.
Kennzeichnung gefordert
Sollten derartige Produkte dennoch auf den Markt kommen, sollten diese gekennzeichnet werden, fordert das EP. Dabei sollen Nanomaterialien in der Liste der Inhaltsstoffe eindeutig aufgeführt werden. Das Wort "Nano" soll dann in Klammern neben dem Inhaltsstoff stehen.
Ethik, Umwelt- und Datenschutz
Das Parlament will der neuen Verordnung zudem noch hinzufügen, dass bei Zulassungsverfahren von "Novel-Food"-Produkten auch ethische und Umweltschutz-Aspekte eine entscheidende Rolle spielen müssen. Diese sollten von der Europäischen Umweltagentur und der Europäischen Gruppe für Ethik, Naturwissenschaften und neue Technologien bewertet werden. Auch sollten Sicherheits-Tests mit Tierversuchen nur als "letzter Ausweg" durchgeführt werden.
Weitergabe von wissenschaftlichen Daten
Zudem fordern die Abgeordneten die Kommission auf, Daten bzw. wissenschaftliche Erkenntnisse eines Antragstellers für eine bestimmte Zeit zu schützen - mit Ausnahme von öffentlich finanzierten Forschungsprojekten. Der Schutz solle auch nicht für wissenschaftliche Erkenntnisse gelten, wenn diese mit Hilfe von Tierversuchen erlangt wurden. Die Abgeordneten votierten außerdem dafür, unter bestimmten Umstanden einer vereinfachte Zulassung statt zu geben.
Die Verordnung wurde mit 658 Ja-Stimmen bei 15 Gegenstimmen und 11 Enthaltungen angenommen.
Quelle: Angepasst von Europäisches Parlament (Link nicht mehr verfügbar)