Nanotechnologie im Fokus des gesundheitlichen Verbraucherschutzes
In welchen Lebensmitteln und Produkten werden Nanopartikel eingesetzt? Auf welchen Wegen kommen Verbraucher mit Nanopartikeln in Kontakt? Entstehen dadurch gesundheitliche Risiken? Wie können diese bewertet werden? Welche Informationen benötigen Verbraucher über Nanotechnologien? Die Liste der Fragen war lang auf dem sechsten BfR-Forum Verbraucherschutz im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, öffentlichen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen diskutierten unter dem Motto „Nanotechnologie im Fokus des gesundheitlichen Verbraucherschutzes“ mögliche Antworten. Einig waren sich die Anwesenden darüber, dass großer Forschungsbedarf besteht. Dringend notwendig sei eine einheitliche Definition für Nanotechnologie. Allerdings werde auch mit einer solchen Definition keine allgemeingültige Risikobewertung möglich sein. „Die Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken durch Nanopartikel oder -materialien ist derzeit nur im Einzelfall möglich“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.
Wie Umfragen des BfR ergeben haben, versprechen sich Verbraucherinnen und Verbraucher von Nanotechnologien Erleichterungen im Alltag. Dabei haben sie vor allem Reinigungs- und Imprägniermittel im Sinn sowie Funktionstextilien. Nanopartikeln in Lebensmitteln stehen sie hingegen eher skeptisch gegenüber. Nach Aussagen der Lebensmittelindustrie auf dem BfR-Forum werden in Deutschland in Lebensmitteln bisher keine Nanopartikel eingesetzt. Zukünftig könnten „intelligente“ Lebensmittelverpackungen durch Nanotechnologien beispielsweise anzeigen, wie lange ein Lebensmittel schon darin verpackt ist und ob bei der Lagerung die vorgeschriebene Temperatur überschritten worden ist. Ob und in welcher Menge Nanopartikel aus solchen Verpackungen in Lebensmittel übergehen können und was mit ihnen beim Recycling passiert, ist derzeit noch nicht geklärt. Damit die Hersteller solcher Verpackungen ihrer Verpflichtung nachkommen können, sichere Produkte auf den Markt zu bringen, müssen hier Forschungslücken geschlossen werden.
Vergleichsweise gut erforscht ist die Wirkung von Substanzen in Nanopartikel-Größe auf die menschliche Haut. Gesunde Haut können die winzigen Teilchen nicht durchdringen - ein Grund dafür, dass ihr Einsatz in UV-Filtern für Sonnenschutzmittel zulässig ist. Unzureichend ist die Datenlage hingegen, wenn es um die Wirkung von Nanopartikeln im Magen-Darm-Trakt geht. So ist nicht geklärt, ob Nanopartikel von dort in das Blut und in andere Organe übergehen und Effekte auslösen können. Dass Nanopartikel über die Atemwege auch in tiefe Regionen der Lunge gelangen können, ist bekannt. Wie sie dort wirken, muss allerdings für jeden Stoff einzeln erforscht werden.
Ohnehin kann es keine wissenschaftliche Risikobewertung von Nanotechnologien in ihrer Gesamtheit geben. Zu vielfältig sind die Strukturen und die Materialien, in denen sie eingesetzt werden. So können sich zum Beispiel Nanopartikel, wenn sie in Materialien oder Stoffgemischen verarbeitet werden, darin mit anderen Molekülen zusammenlagern und würden schließlich nicht mehr in Nanopartikel-Größe an Verbraucher gelangen.
Auch die Lebensmittel- und Produktüberwachung wird durch Nanopartikel in verbrauchernahen Produkten vor große Herausforderungen gestellt: Standardisierte Prüfmethoden, die entsprechenden Geräte und das Personal, das sie bedienen kann, werden benötigt, um die Sicherheit solcher Produkte überwachen zu können.
Für begrüßenswert hielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Initiativen wie die BfR-Verbraucherkonferenz zu Nanotechnologie. Denn einig waren sie sich darüber, dass die Öffentlichkeit über Chancen und Risiken der Nanotechnologie informiert werden muss, damit Verbraucherinnen und Verbraucher verantwortungsbewusste Kaufentscheidungen treffen können. Vor allem vor diesem Hintergrund ist eine einheitliche Definition wichtig, die festlegt, was unter Nanotechnologie verstanden wird.
Quelle: BfR Pressemitteilung