Was hilft gegen Mikroplastik-Abfälle und Mikrogummi-Abrieb von Pneus?
Plastik ist ein äusserst praktisches, wertvolles Gut. Der verschwenderische Umgang damit birgt jedoch zahlreiche Probleme für unsere Gesellschaft und die Umwelt. Ein Verbot in Deutschland bezweckt, den Verbrauch von Plastiktüten zu reduzieren. Indes rückt ein neues Thema in den Fokus: Kleinste Partikel von Reifenabrieb landen in erheblichen Mengen in der Umwelt.
Die Plastik-Thematik ist mittlerweile weithin bekannt. Seit der ersten Herstellung von synthetischen Polymeren ist die Menge an produziertem Plastik exponentiell angestiegen. Infolgedessen wurden bis ins Jahr 2015 schätzungsweise 8.3 Mia Tonnen Plastik hergestellt. Während Plastikprodukte einen grossen Nutzen mit sich bringen, wirft der Umgang mit den entstehenden Abfällen Fragen auf. Etwa 6.3 Mia Tonnen des bisher produzierten Plastiks hat sein Lebensende bereits erreicht. Davon werden jedoch nur ca. 9% wiederverwertet, während der Löwenanteil (ca. 79%) in Deponien oder in der Umwelt landet. Bilder von Abfällen, die auf Feldern liegen, in Flüssen oder im Meer herumdriften, lösen heftige Emotionen aus. Die Quantifizierung der Plastikproduktion und -flüsse hat indes etwas Gutes hervorgebracht: Die Verschmutzung der Umwelt ist als gesellschaftliches Problem erkannt worden – entsprechende Massnahmen werden nun ergriffen.
Deutschlang ergreift neue Massnahmen gegen Plastikmüll
Verschiedene Ansätze zur Reduktion der Menge an Plastikmüll sind bereits in Kraft. Die Europäische Union hat Anfang dieses Jahres ein Verbot von Einwegplastik verabschiedet, in der Schweiz zeigt eine kleine Gebühr auf Einwegtüten einen grossen Effekt. Das Bundeskabinett Deutschlands geht noch einen Schritt weiter. «Plastiktüten sind der Inbegriff der Ressourcenverschwendung: Sie werden aus Rohöl hergestellt und oft nur wenige Minuten genutzt. Häufig landen Sie in der Umwelt, wo sie über viele Jahrzehnte verbleiben und Schaden anrichten können», sagt Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Ihr Vorschlag, Plastiktüten mit einer Wandstärke unter 50 Mikrometer zu verbieten, wurde vom Bundeskabinett anfangs November gutgeheissen. Der Gesetzesentwurf soll auch diejenigen Letztvertreiber erreichen, die sich nicht an der bisherigen freiwilligen Vereinbarung beteiligt haben. So soll laut Schulze der pro-Kopf-Verbrauch von Einweg-Plastiktüten von 20 pro Jahr auf null reduziert werden.
Das Verbot von Tüten mit einer Wandstärke kleiner als 50 Mikrometer zielt darauf ab, solch leichte Taschen komplett aus dem Verkehr zu ziehen, da diese weniger oft wiederverwendet werden als solche aus stärkerem Material. Der Gesetzesentwurf enthält ausserdem eine Ausnahme für Hemdchenbeutel mit einer Wandstärke kleiner als 15 Mikrometer Wandstärke (meist für Obst und Gemüse gebraucht), da deren Verbot zurzeit wohl eher zu einer Zunahme in der Verwendung von aufwendigeren Alternativen resultieren, was nicht zielführend ist.
Die Zukunft ist Mehrweg – es gibt Alternativen
Eine Möglichkeit für Konsumenten und Konsumentinnen sind Mehrwegtaschen aus Kunststoff oder Polyester. Diese sind bereits nach wenigen Nutzungen umweltfreundlicher als die Einweg-Tüte und je öfter sie verwendet werden, desto umweltfreundlicher sind sie. «Die Zukunft ist nicht die Einweg-Papiertüte. Die Zukunft ist Mehrweg – und das ist gerade bei Tüten wirklich kein Problem. Eine Mehrweg-Tragetasche aus Plastik ist bereits nach drei Nutzungen umweltfreundlicher als eine Einweg-Plastiktüte. Mehrweg-Tragetaschen werden meistens aus recyceltem Material hergestellt, Einweg-Plastiktüten dagegen aus Rohöl», so Schulze.
Erhebliche Mengen von Reifenabrieb in der Umwelt
Ist Plastik erst einmal in der Umwelt, wird er nur langsam abgebaut. Er bricht in kleine Teile, Mikroplastik, der ebenfalls unter Verdacht steht, erhebliche Umweltschäden zu verursachen. Jetzt rückt jedoch eine neue Form von winzigen Teilchen ins Rampenlicht: der Abrieb von Pneus produziert ebenfalls kleinste Partikel, Mikrogummi genannt. Nur ca. 7% der Kunststoffpartikel in der Umwelt stammen aus Plastik, während der Mikrogummi die grosse Mehrheit (93%) ausmacht. Laut dem Fraunhofer-Institut für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) haben nun auch Forschende an der Empa in St. Gallen errechnet, was der Eintrag von Mikrogummi in die Umwelt ist. Die Modellrechnung gilt für die Schweiz zwischen 1988 und 2018 und hat Daten zum gesamten Lebenszyklus von Reifen, also vom Import bis zur Ausserbetriebnahme, sowie möglicher Wiederverwendung eingeschlossen. Nur etwa ein Viertel der gesamten Mikrogummi-Masse wird durch strassennahe Kläranlagen zurückgehalten. Daraus resultiert, dass eine geschätzte Menge von 7'500 Tonnen pro Jahr effektiv in der Umwelt landet. Das Meiste davon (74%) landet in Böden in etwa 5 Meter Distanz zur Strasse. Der Rest verteilt sich in Oberflächengewässer (22%) und restlichen Böden. Über den Zeitraum zwischen 1990 bis 2018 hat die Menge an Mikrogummi, das in die Umwelt gelangt um ca. 10% zugenommen.
Zurzeit noch zu wenig Daten zu Mikrogummi
Während die Diskussion um das von Mikroplastik ausgehende Risiko noch in vollem Gange ist, gibt es zu Mikrogummi erst wenige Daten. «Für den Menschen ist das eigentlich kein grosses Problem, da praktisch nichts in der Luft vorhanden ist, das wir einatmen können. Anders ist es für die Organismen, die im Boden wachsen, wo der meiste Mikrogummi landet. Dort kann es unter Umständen Probleme geben, aber dazu gibt es noch zu wenig Forschung», erklärt Bernd Nowack, Hauptautor der Studie, gegenüber dem Schweizerischen Fernsehen. Weitere Studien zum Thema Mikrogummi sind bereits in Auftrag gegeben worden.
Autor: Alex von Wyl
Quellen:
Originalartikel und Bildquelle: "Dynamic probabilistic material flow analysis of rubber release from tires into the environment"
«Weniger ist mehr»-Kampagne des deutschen BMU: https://www.bmu.de/wenigeristmehr/
Beitrag des SRF zu Mikrogummi: https://www.srf.ch/play/tv/tagesschau/video/mikrogummi-in-der-umwelt?id=57a98f7f-b723-4499-ab47-dcd5adb71702