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31.10.2017

Die verborgene Welt der Nanotechnologie in Pflanzen

Blumen haben ein geheimes Signal, das speziell auf Bienen zugeschnitten ist, damit sie wissen, wo man Nektar sammelt. Neue Forschungen haben uns einen besseren Einblick in die Funktionsweise dieses Signals gegeben. Nanoskalige Muster auf den Blütenblättern reflektieren Licht auf eine Weise, die effektiv einen "blauen Halo" um die Blume herum erzeugt, der die Bienen anzieht und die Bestäubung fördert.

Dieses faszinierende Phänomen sollte Wissenschaftler nicht zu sehr überraschen. Pflanzen sind tatsächlich voll von dieser Art von "Nanotechnologie", die es ihnen ermöglicht, alle möglichen erstaunlichen Dinge zu tun, von der Reinigung bis hin zur Energieerzeugung. Darüber hinaus können wir diese Systeme in unseren eigenen Technologien einsetzen.

Die meisten Blumen erscheinen bunt, weil sie lichtabsorbierende Pigmente enthalten, die nur bestimmte Wellenlängen des Lichts reflektieren. Aber manche Blumen verwenden auch Irideszenz, eine andere Art von Farbe die erzeugt wird, wenn Licht von Strukturen oder Oberflächen mit mikroskopischen Abständen reflektiert wird.

Die wechselnden Regenbogenfarben, die man auf einer CD sehen kann, sind ein Beispiel für Irideszenz. Sie werden durch Wechselwirkungen zwischen Lichtwellen verursacht, die von den engen, mikroskopischen Einkerbungen in der Oberfläche abprallen, was bedeutet, dass einige Farben auf Kosten anderer intensiver werden. Wenn sich der Betrachtungswinkel ändert, ändern sich die verstärkten Farben, um den schimmernden Morphing-Effekt zu erzielen, den man sieht.

Viele Blumen verwenden in der Wachsbeschichtung auf ihrer Oberfläche Rillen, die zwischen einem und zwei Tausendstel Millimeter voneinander entfernt sind, um in ähnlicher Weise ein Schillern zu erzeugen. Forscher, die die Art und Weise erforschen, wie einige Blumen Irideszenz verwenden, um Bienen zur Bestäubung anzuziehen, haben etwas Seltsames bemerkt. Der Abstand und die Ausrichtung der Rillen waren nicht ganz so perfekt wie erwartet. Und sie waren nicht sehr vollständig in allen Arten von Blumen, die sie betrachteten.

Diese Unvollkommenheiten bedeuteten, dass die Muster anstatt einen Regenbogen wie bei der CD zu erzeugen, vielmehr für blaues und ultraviolettes Licht besser funktionierten als für andere Farben, was die Forscher als "blauen Halo" bezeichneten. Es gab guten Grund zu vermuten, dass dies kein Zufall war.

Die Farbwahrnehmung der Bienen ist gegenüber dem blauen Ende des Spektrums verschoben. Die Frage war, ob die Fehler in den Wachsmustern "entworfen" wurden, um die intensiven Blau-, Violett- und Ultravioletttöne zu erzeugen, die Bienen am stärksten sehen. Menschen können diese Muster gelegentlich auch sehen, aber für uns sind sie unsichtbar vor roten oder gelb-pigmentierten Hintergründen, die für Bienen jedoch viel dunkler aussehen.

Die Forscher testeten dies, indem sie Bienen trainierten, Zucker mit zwei Arten künstlicher Blumen zu assoziieren. Sie benutzten einerseits künstlich hergestellte Blütenblätter, welche unter Verwendung von perfekt ausgerichteten Gittern hergestellt wurden, die ein normales Schillern hervorriefen. Andererseits benutzten sie Blätter mit fehlerhafte Anordnungen, die die blauen Halos von verschiedenen realen Blumen replizierten.

Sie fanden heraus, dass die Bienen zwar gelernt haben, die iridisierenden künstlichen Blumen mit Zucker zu verbinden, aber mit den blauen Halos haben sie besser und schneller gelernt. Faszinierend scheint es, dass viele verschiedene Arten von blühenden Pflanzen diese Struktur getrennt entwickelt haben können, wobei jede Nanostrukturen verwendet, die eine leicht irreversible Iridisierung ergeben, um ihre Signale für Bienen zu verstärken.

Der Lotus-Effekt

Pflanzen haben viele Möglichkeiten entwickelt, um diese Art von Strukturen zu nutzen und sie zu den ersten Nanotechnologen der Natur zu machen. Zum Beispiel stoßen die Wachse, die die Blüten und Blätter aller Pflanzen schützen, Wasser ab; eine Eigenschaft, die als "Hydrophobizität" bekannt ist. Bei manchen Pflanzen, wie dem Lotus, wird diese Eigenschaft durch die Form der Wachsbeschichtung so verstärkt, dass sie selbstreinigend wirksam wird.

Das Wachs ist in einer Anordnung von kegelförmigen Strukturen angeordnet, die etwa fünf Tausendstel Millimeter hoch sind. Diese sind wiederum mit fraktalen Wachsmustern in noch kleineren Maßstäben beschichtet. Wenn Wasser auf dieser Oberfläche landet, kann es überhaupt nicht daran kleben und bildet so kugelförmige Tropfen, die über das Blatt rollen und Schmutz auf dem Weg aufnehmen, bis sie vom Rand fallen. Dies wird "Superhydrophobizität" oder "Lotus-Effekt" genannt.

Intelligente Pflanzen

In Pflanzen gibt es noch eine andere Art von Nanostruktur. Wenn Pflanzen Wasser aus ihren Wurzeln in ihre Zellen aufnehmen, baut sich der Druck in den Zellen auf, bis er so hoch ist wie wenn man zwischen 50 und 100 Meter unter dem Meer liegen würde. Um diese Drücke zu begrenzen, sind die Zellen von einer Wand umgeben, die auf Bündeln von Celluloseketten basiert, welche zwischen fünf und 50 Millionstel Millimetern gross sind und Mikrofibrillen genannt werden.

Die einzelnen Ketten sind nicht so stark, aber sobald sie zu Mikrofibrillen geformt sind, werden sie so stark wie Stahl. Die Mikrofibrillen werden dann in eine Matrix aus anderen Zuckern eingebettet, um ein natürliches "intelligentes Polymer" zu bilden, eine spezielle Substanz, die ihre Eigenschaften verändern kann, um die Pflanze wachsen zu lassen.

Der Mensch hat schon immer Cellulose als natürliches Polymer verwendet, zum Beispiel in Papier oder Baumwolle, aber Wissenschaftler entwickeln jetzt Wege, um einzelne Mikrofibrillen freizulegen, um neue Technologien zu erschaffen. Aufgrund ihrer Stärke und Leichtigkeit könnte diese "Nanozellulose" eine enorme Bandbreite an Anwendungen haben. Dazu gehören leichtere Autoteile, kalorienarme Lebensmittelzusatzstoffe, Gerüste für das Tissue Engineering und vielleicht sogar elektronische Geräte, die so dünn wie ein Blatt Papier sein können.

Die vielleicht erstaunlichsten Pflanzennanostrukturen sind die Lichtsammelsysteme, die Lichtenergie für die Photosynthese erfassen und an die Stellen übertragen, an denen sie verwendet werden können. Pflanzen können diese Energie mit einer unglaublichen Effizienz von 90% bewegen.

Wir haben jetzt Beweise dafür, dass es die genaue Anordnung der Komponenten der Lichtsammelsysteme ist, die es den Pflanzen ermöglicht Quantenphysik zu nutzen, um viele verschiedene Wege für den Energietransfer gleichzeitig zu testen und den Effektivsten zu finden. Dies verstärkt die Idee, dass Quantentechnologie dazu beitragen könnte, effizientere Solarzellen bereitzustellen. Wenn es darum geht, neue Nanotechnologie zu entwickeln, ist es wichtig daran zu denken, dass Pflanzen zuerst dorthin gekommen sein können.

Quelle: https://nano-magazine.com/news/2017/10/20/the-hidden-world-of-nanotechnology-in-plants/