Effektive Blockade von Viren
Ein internationales und interdisziplinäres Team aus Virologen und Biochemikern hat einen kostengünstigen und zellverträglichen Nanogel entwickelt, der wirkungsvoll vor viralen Infektionen schützen kann. Der flexible Nanogel imitiert Rezeptoren von Zellen, an die verschiedene Arten von Viren binden können. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit einer Infektion signifikant geringer.
Eine der großen Herausforderung der medizinischen Forschung ist die große Anzahl an verschiedenen Viren, die es gibt. Die meisten Medikamente, die heute Verwendung finden, wirken nur gegen ein einziges Virus oder einige Verwandte, weil sie gegen ein spezifisches Protein wirken und die virale Replikation in infizierten Zellen verhindert. Diese Substanzen können zu Nebenwirkungen führen und allzu oft entstehen über Zeit resistente Virenstämme, was ein ernstzunehmendes Risiko für die Medizin darstellt.
Trotz einer großen Bandbreite an Spezies und Morphologie gibt es Gemeinsamkeiten, die vielen Viren gemeinsam sind. Sie interagieren an Oberflächen von Zellen in mehrfacher Weise durch spezifische Rezeptoren und Co-Rezeptoren. Sie nutzen diese für den ersten Kontakt mit ihrem „Opfer“ und anschließende Diffusion ins Innere der Zelle. Somit ist es ein Hauptthema der Forschung, herauszufinden, wie die komplexe Interaktion zwischen Zellen und Viren funktioniert und daraus wirksame Breitband-Medikamente abzuleiten.
Für eine große Anzahl Viren bilden so genannte Heparansulfat (HS) -Proteoglykane (eine Form von Oberflächenmolekülen) ein Portal durch die Zellmembran. Bis jetzt wurden verschiedene Arten von Nanopartikeln, meistens Gold- oder Silberpartikel, entwickelt um den Eintritt der Viren via HS-Moleküle zu verhindern. Diese Materialien sind eher starr und flexiblere, weichere Substanzen als Alternative haben in der Forschung bisher wenig Beachtung gefunden.
Die Forscher aus Deutschland und Indien haben nun erfolgreich ein Nanogel entwickelt. Dieses ahmt zelluläre HS-Proteine nach und weist verschiedene Grade an Flexibilität aus. Der aktive Wirkungsstoff reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Infektion indem es die Viren permanent bindet und abschirmt. Anschließend wird die Anzahl der Interaktionen mit den Viren erhöht und ihre Fähigkeit, wieder abzudocken, wird minimiert.
Im Rahmen der Arbeit hat das Forschungsteam zwei Nanogels entwickelt, die in Menschen und anderen Tieren gegen das Herpes-Virus und Arteriviridae wirksam sind. Die Substanzen des Nanogels sind für lange Zeit wirksam und zeigen ihre Wirkung auch gegen virale Partikel, die von bereits infizierten Zellen stammen. Dies resultiert in einer inhibitorischen Wirkung von bis zu 90 Prozent. Die Nanogels können im Vergleich mit den herkömmlichen antiviralen Medikamenten sehr günstig hergestellt werden, weshalb sie auch vermehrt für veterinäre Behandlung genutzt werden können.
Zuletzt sind die Gels harmlos und „zellfreundlich“. Das heißt, anders als ihre starren Pendants, können sie in kleinere Bestandteile zerlegt und anschließend durch die Nieren ausgeschieden werden.
Originalartikel (EN): https://pubs.acs.org/doi/10.1021/acsnano.8b01616